Ausstellung
Geleitwort der Kuratorin
Das Thema "Zusammenleben von Tschechen, Deutschen und Juden im Böhmerwald" klingt nach einer abstrakten, schwer verständlichen Materie. Dies gilt aber natürlich nur so lange, bis daraus die Geschichten konkreter Menschen hervortreten. Es ist uns gelungen, viele Zeitzeugen ausfindig zu machen, wir ließen alte Chroniken zu Wort kommen, die auf Deutsch und Tschechisch niedergeschrieben wurden, wir machten uns auf die Suche nach Schwarz-Weiß-Fotos, die Gesichter von Menschen aus dem Böhmerwald zeigen, und blätterten in Dokumenten, die wir in Archiven auf der ganzen Welt gefunden haben. Das Ergebnis ist eine Ausstellung, die den Böhmerwald als einzigartigen Lebensraum vorstellt, wo Menschen mit verschiedenen Muttersprachen und Religionen jahrhundertelang in gegenseitiger Toleranz zusammenlebten. Wir präsentieren Ihnen Geschichten der Verständigung, die sich überschneiden und durchdringen, aber auch Geschichten über den nazistischen und kommunistischen Hass, der das Zusammenleben im Böhmerwald für immer gezeichnet hat.
Die Exposition des deutsch-tschechisch-jüdischen Zusammenlebens im Böhmerwald
Auf der renovierten ehemaligen Empore befindet sich die Hauptexposition der Hartmanitzer Synagoge. In dieser Exposition wird in moderner, attraktiver und grafisch einfallsreicher Form die Geschichte der Besiedlung des Böhmerwalds gezeigt, wobei man die Erklärung der Rollen der drei Nationen, die hier lebten, betont. Die Beziehung zwischen den Tschechen, Deutschen und Juden wird hier auf historischen Photos und Dokumenten dargestellt. Im Unterschied zu anderen Museen entzieht sich die Exposition in der Hartmanitzer Synagoge nicht einmal dem Thema der Verfolgung der Juden während des II. Weltkriegs, der Vertreibung der Deutschen nach dem Jahre 1945, dem Kalten Krieg und dem Fall des Eisernen Vohangs. Diese Ereignisse werden unideologisch und ohne Vorurteile überreicht. Als roter Faden zieht sich durch die Exposition die Geschichte von Hartmanitz.
Böhmerwald auf alten Photos
An der steinernen Wand eines Dachgiebels der Synagoge im Dachgeschoss nehmen sich effektvoll kleine Photos aus der Sammlung von Pavel Scheufler aus. Sie zeigen die Leute, Gebäude und die Natur im Böhmerwald vor mehr als hundert Jahren. In der Atmosphäre des renovierten alten Gebäudes ist die Betrachtung der historischen Photographien besonders wirksam.
Dörfer im Böhmerwald, die nach dem Jahre 1948 liquidiert wurden
Nach dem Antritt des kommunistischen Regimes wurde im Böhmerwald die Mehrheit der Dörfer, Ortschaften und Weiler, die in der Zone einiger Kilometer von der Grenze mit Deutschland waren, systematisch liquidiert. Unter ihnen waren auch Dörfer, in denen früher hunderte Einwohner lebten. Der Erinnerung an diese Ortschaften ist im Erdgeschoss der Synagoge die Ausstellung der Photos von Blanka und Honza Reichardt gewidmet. Diese Photos zeigen die Stellen, wie sie vor dem Jahre 1948 aussahen und wie sie jetzt aussehen. Die Lage der liquidierten Dörfer dokumentiert eine ertographische Landkarte.
Geschichte und Rekonstruktion der Synagoge
Im Dachgeschoss wird die Geschichte der Jüdischen Gemeinde Hartmanitz vorgestellt, zusammen mit dem Schicksal der Synagoge und ihrer Rekonstruktion. Zu einer Rarität gehört die ausgestellte Korrespondenz der nazistischen Behörden, betreffend die Konfiskation der Synagoge und der hiesigen jüdischen Gemeinde, ebenso wie Dokumente über den Todesmarsch, der am Ende des II. Weltkriegs durch Hartmanitz zog.